Im Gegensatz zu einem einfachen Arbeitszeugnis bescheinigt der Arbeitgeber im qualifizierten nicht nicht nur die Eckpunkte der Beschäftigung. Beispielsweise in welcher Postion und über welchem Zeitraum der Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt war. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält immer auch eine Bewertung der Leistung des Angestellten. Darüber hinaus gehört eine Beurteilung der sozialen Kompetenzen in den Text. Doch wie weit geht diese Beurteilungspflicht? Auf welche Inhalte darf der Arbeitnehmer bestehen?
Um sicher zu gehen, dass Ihr qualifiziertes Arbeitszeugnis alle notwendigen Punkte abdeckt, empfehlen wir die Nutzung einer Arbeitszeugnis Vorlage.
Welche Eigenschaften muss man aufführen?
Wenn es um eine Leistungsbeurteilung geht, kommt man nicht umhin auch charakterliche Eigenschaften zu nennen. Wie weit muss der Vorgesetzte dabei gehen? Mit dieser Frage müssen sich Arbeitsgerichte nicht selten befassen. Bis zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ging der Rechtsstreit eines Zeitungsredakteurs gegen seinen ehemaligen Verlag. Der Kläger verlangte, dass im Zeugnis seine Belastbarkeit in Stresssituationen erwähnt werden sollte. Das BAG gab dem Kläger Recht. Die Richter betonten jedoch, dass es auf Branchenüblichkeit ankommt. Gerade im Journalistenberuf sei die Belastbarkeit ein wichtiges Beurteilungskriterium.
Muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis Stressresistenz erwähnen?
Die Angabe komplett auszulassen, kann dem Arbeitnehmer Nachteile bei seiner weiteren Jobsuche einbringen. Denn: Nach der gemeinhin angewandten Logik der Zeugnis-Geheimsprache gelten besondere Regeln. Vollständig fehlende Bewertungskriterien kann man im Einzelfall mit einer starken Negativaussage gleichsetzen. Genau zu dieser Meinung kam auch das Gericht. Es verurteilte den Arbeitgeber zur nachträglichen Hervorhebung der strittigen Passage im Arbeitszeugnis.
Als Arbeitnehmer können Sie einem unpassenden Arbeitszeugnis ganz leicht vorbeugen: Machen Sie Ihrem Arbeitgeber mit einem gut durchdachten Textentwurf einen ganz konkreten Vorschlag für ihr Arbeitszeugnis. Als Arbeitgeber sparen Sie sich eine Menge Zeit und Mühe, wenn Sie Ihrem Mitarbeiter gleich ein korrekt formuliertes Zeugnis ausstellen.
Dürfen Fehlzeiten ins Arbeitszeugnis?
Doch es gibt noch mehr Streitpunkte im Zusammenhang mit Arbeitszeugnissen. So landet beispielsweise die Nennung von Fehlzeiten immer wieder vor Gericht. Das Arbeitsgericht Köln musste sich mit dem Arbeitszeugnis einer Teilzeitmitarbeiterin beschäftigen. Das Gericht sollte klären, ob Ausfallzeiten zum Inhalt des Arbeitszeugnisses gemacht werden dürfen. Die Richter stellten fest, die Frage der unangemessener Benachteiligung vom Einzelfall abhängt. Denn dann kann man die Nennung der Fehlzeiten verbieten. In dem verhandelten Fall hatte die Mitarbeiterin gute bis sehr gute Beurteilungen ihrer Leistungen bekommen. Dennoch hatte der Arbeitgeber die Zeiten des Mutterschutzes und der Elternzeit gleich im zweiten Absatz genau aufgeführt.
Keine unangemessene Benachteiligung bei der Jobsuche
Der Vorgesetzte hatte die Fehlzeiten also an prominenter Stelle präsentiert. Daraus folgerten die Richter, dass der Leser einen negativen Eindruck erhalte. Auch das Verhältnis von Dauer der Fehlzeit und Dauer des Arbeitsverhältnisses ist zu beachten. Das Gebot der wohlwollenden Formulierung verbietet es, einen Arbeitnehmer unangemessen bei der Jobsuche zu benachteiligen. Im Ergebnis kam das Arbeitsgericht Köln zu dem Schluss, dass der Vorgesetzte alle Passagen zu Elternzeit und Mutterschutz zu streichen musste (Az. 6 Ca 8751/12). Das bedeutet, dass Arbeitgeber bei der Erwähnung von Ausfallzeiten grundsätzlich vorsichtig sein sollten und die Umstände genau prüfen müssen.
Im Einzelfall darf die Elternzeit erwähnt werden
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat schon vor einiger Zeit entschieden, dass eine Nennung von Ausfallzeiten erlaubt sein kann, wenn der Einzelfall dies erfordert. In dem Fall ging es ebenfalls um Elternzeit, die nach Lage und Dauer erheblich war (Az. 9 AZR 261/04). Denn der klagende Arbeitnehmer war drei Jahre lang in der Elternzeit gewesen, wobei das Arbeitsverhältnis selbst nur vier Jahre angedauert hatte. Die Leistungsbeurteilung konnte sich also nur auf einen geringen Teil des Arbeitsverhältnisses beziehen. Die Weglassung der Elternzeit würde den Leser also täuschen. Er würde denken, dass die Arbeitsleistung vier Jahre lang erbracht worden wäre. Nach Auffassung der Richter muss Aussteller des Arbeitszeugnisses seiner Wahrheitspflicht noch nachkommen können.
Dankesformel gehört in ein gutes qualifiziertes Arbeitszeugnis
Nicht in jedem Arbeitszeugnis steht am Ende die sogenannte Dankesformel. Wer ein Zeugnis ohne einen solchen Abschluss erhält sollte aufpassen! Denn dies kann man leicht negativ auslegen. Eine Frau erhielt von ihrem Arbeitgeber zu Beginn ihrer Elternzeit auf eigenen Wunsch hin ein Zwischenzeugnis, welches als „gut“ zu bewerten war. Das Zeugnis war mit einem wohlwollenden Schlusssatz versehen. Während der Elternzeit hatten die Parteien sich gerichtlich auf eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geeinigt. Der Arbeitgeber sagte ein wohlwollendes Endzeugnis zu. Die Frau staunte daher nicht schlecht als der Wortlaut ihres Zwischenzeugnisses kopiert worden war. Nur der wohlwollende Schlusssatz wurde durch eine schlichte und lieblose Formulierung ersetzt. Dagegen klagte die Arbeitnehmerin. Die Richter am Landesarbeitsgericht in Düsseldorf gaben ihr Recht.
Überdurchschnittliche Bewertung darf nicht versteckt abgewertet werden
„Nach ihrer dreijährigen Elternzeit scheidet Frau W. aus unserem Unternehmen in beiderseitigem Einvernehmen aus.“, war der Satz des Anstoßes, den Frau W. nicht so in Ihrem Endzeugnis stehen haben wollte. Das Gericht konnte dies nachvollziehen. Denn in seiner Schlichtheit stand er ganz im Gegensatz zum restlichen Inhalt. So enthielt der Text überdurchschnittliche Bewertungen von Frau W. und ihren Arbeits- und Führungsqualitäten. Damit stand der Schluss im Missverhältnis dem, was im übrigen Arbeitszeugnis niedergeschrieben war. Gerade bei überdurchschnittlichen Beurteilungen ist das Fehlen einer Dankesformel nicht hinzunehmen. Denn es suggeriert dem Leser negative Begleitumstände bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses.
LAG Düsseldorf, 03.11.2012, (AZ: 12 Sa 974/10)