Wenn ein Erbschein unrichtig ist, kann das viel Schaden verursachen. Denn im Rechtsverkehr kommt dem Dokument ein absolute Beweiskraft zu. Wer im Besitz des Erbscheins ist, darf über den Nachlass verfügen. Dennoch kommt es in Praxis immer wieder vor, dass unrichtige Erbscheine im Umlauf sind. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.

Tipp: Schon beim Antrag auf einen Erbschein sollte man auf die Vollständigkeit der Angaben achten. Verschaffen Sie sich mithilfe dieser Checkliste Erbschein zum Download einen Überblick.

Erbschein mit falschem Inhalt

Ein unrichtiger Erbschein gibt die tatsächliche Rechtslage bezüglich der Erbenstellung falsch wieder. Die Ursache dafür kann darin liegen, dass das Nachlassgericht schlicht einen Fehler bei der Ausstellung des Erbscheins gemacht hat. Häufiger ist jedoch der Fall, dass sich die Situation geändert hat, nachdem der Erbschein ausgestellt wurde. 

Beispiel: 

Die Erblasserin hat ein handschriftliches Testament erstellt, von dem keiner wusste. Daher stellt das Nachlassgericht einen Erbschein aus, in dem die gesetzlichen Erben, ihre drei Söhne, aufgeführt sind. Ein halbes Jahr später findet Sohn A beim Ausräumen des Hauses das Testament. Er stellt fest, dass seine Mutter nur ihn und seinen Bruder B als testamentarische Erben aufgeführt hat. Sohn C ist enterbt. Der Inhalt des Erbscheins ist nun unrichtig. 

Herausgabe des unrichtigen Erbscheins verlangen

Wenn ein falscher Erbschein im Umlauf ist, kann der wahre Erbe zwei Schritte unternehmen:

  1. Gemäß § 2362 BGB vom Besitzer des (unrichtigen) Erbscheins die Herausgabe an das Nachlassgericht verlangen.
  2. Beim Nachlassgericht das Verfahren zur Einziehung und Kraftloserklärung des Erbscheins anregen

Da immer nur ein Erbschein im Umlauf sein darf, erhält der wahre Erbe keinen Erbschein, bevor der unrichtige Erbschein nicht an das Nachlassgericht zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wurde.

Einziehungsverfahren beim Nachlassgericht

Wichtig: Sobald das Nachlassgericht Kenntnis davon erhält, dass ein ausgestellter Erbschein nicht mit der wahren Sach- und Rechtslage übereinstimmt, muss es auch von sich aus tätig werden und den “falschen” Erben kontaktieren. Der wahre Erbe muss also das Verfahren zur Einziehung nicht extra beantragen, es reicht eine “Anregung” an das Nachlassgericht.

Falls der Besitzer des unrichtigen Erbscheins gar nicht aufgefunden werden kann oder der Erbschein selbst nicht mehr auffindbar ist, kann bzw. muss das Nachlassgericht den unrichtigen Erbschein für kraftlos erklären. Ein solches Verfahren kann einige Wochen, wenn nicht Monate dauern.

Einstweiliger Rechtsschutz in Eilsachen

Leider ist es in der Praxis nicht immer so, dass derjenige, der im Besitz des Erbscheins ist (und der sich gerade noch als Erbe wähnte) sofort auf die Bitte des wahren Erben reagiert. Das Verfahren zur Kraftloserklärung eines Erbscheins kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Daher besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Damit erhält der wahre Erbe die Möglichkeit die Herausgabe mit Zwangsmitteln durchzusetzen. In Fällen, in denen der Aufenthaltsort des “falschen” Erben und Besitzers des unrichtigen Erbscheins bekannt ist, hilft der einstweilige Rechtsschutz oft weiter.