Nach einer Kündigung bleibt oft die Frage offen, welcher Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer noch hat. Lesen Sie hier, was  Sie über den Urlaubsanspruch nach einer Kündigung wissen sollten.

Urlaubsanspruch während der Kündigungsfrist

Gemäß dem deutschen Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben Arbeitnehmer grundsätzlich auch während der Kündigungsfrist weiterhin Anspruch auf den ihnen zustehenden Jahresurlaub. Die Kündigung hat keinen Einfluss auf den bereits erworbenen Urlaubsanspruch. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, den Urlaub zu nehmen, sofern betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen.

Hängt die Anzahl der Urlaubstage vom Zeitpunkt der Kündigung ab?

Der genaue Anspruch auf Urlaub richtet sich jedoch nach der Dauer der Beschäftigung im Betrieb. Wenn ein Arbeitnehmer im ersten Halbjahr kündigt, hat er grundsätzlich Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub für das gesamte Jahr. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt in Deutschland 24 Werktage pro Jahr, bei einer 6-Tage-Woche also 20 Arbeitstage bei einer 5-Tage-Woche. Vertraglich können mehr Urlaubstage vereinbart werden.

Kündigung im ersten Halbjahr

Wenn ein Arbeitnehmer im ersten Halbjahr ausscheidet, hat er grundsätzlich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat (gemäß Paragraf 5 Absatz 1 c, BUrlG).

Angenommen, der Arbeitnehmer scheidet zum Beispiel am 31. Mai eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus. In diesem Fall hat er bei einem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen für das gesamte Jahr einen Urlaubsanspruch von acht Tagen. Da das Arbeitsverhältnis in diesem Kalenderjahr nur fünf volle Monate (vom 1. Januar bis einschließlich 31. Mai) bestand.

Die Berechnung des anteiligen Urlaubs ergibt sich nach folgender Formel:
5 Monate / 12 Monate X 20 Urlaubstage = 8,33 Urlaubstage.

Kündigung im zweiten Halbjahr

Wenn ein Arbeitnehmer zum Beispiel am 31. Juli ausscheidet und das Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar desselben Jahres besteht, ist die Berechnung eines Teilurlaubs nicht erforderlich. Der Arbeitnehmer hat in dem Fall immer einen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub, der bei einer Fünftage-Woche 20 Urlaubstage beträgt.

Doch was passiert mit den vertraglichen oder tariflichen Urlaubsansprüchen, die über dem gesetzlichen Mindesturlaub liegen? Wenn es im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag keine besondere Regelung gibt, dann gilt dasselbe Prinzip für vertragliche/ tarifliche Urlaubsansprüche. Im Wege einer sogenannten Pro-rata-temporis-Regelung kann aber im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass im Falle einer Kündigung nur die Mindesturlaubsansprüche abzugelten sind.

Wann hat man Anspruch auf Urlaubsabgeltung?

Falls es aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, den Urlaub während der Kündigungsfrist zu gewähren, besteht der Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs. Dies ergibt sich aus § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz. Die Abgeltung erfolgt auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden einen Anspruch auf 25 Arbeitstage Urlaub pro Jahr. Wurde das Arbeitsverhältnis im zweiten Halbjahr gekündigt und ist eine Urlaubsgewährung während der Kündigungsfrist nicht möglich, hätte der Arbeitnehmer Anspruch auf die Abgeltung von 25 Tagen, sofern er bisher noch keinen Urlaub genommen hatte und sein Vertrag keine Pro-rata-temporis-Regelung enthält.

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Wenn das Arbeitsverhältnis während des Jahreswechsels endet und der Urlaub nicht genommen oder abgegolten wurde, verfällt der Resturlaub nicht automatisch. Hier gilt das sogenannte Übertragungsprinzip. Der Urlaub kann bis zum 31. März des Folgejahres genommen oder abgegolten werden oder ggf. noch länger, falls der Arbeitgeber nicht auf den Verfall hingewiesen hat. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Arbeitnehmer die Urlaubsübertragung selbst verschuldet hat, beispielsweise durch Nichtbeantragung des Urlaubs, obwohl er einen schriftlichen Hinweis des Arbeitgebers auf den Verfall des Resturlaubs erhalten hat.

Übernahme des Urlaubs in ein neues Arbeitsverhältnis

Falls der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist bereits eine neue Stelle antritt, endet das bisherige Arbeitsverhältnis vorzeitig. Der Anspruch auf Urlaub entfällt bzw. reduziert sich entsprechend.

Fazit:
Arbeitnehmer in Deutschland haben auch nach einer Kündigung grundsätzlich Anspruch auf den bereits erworbenen Urlaub. Dieser kann entweder während der Kündigungsfrist genommen oder abgegolten werden, sofern betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen.