In der Regel wird der Arbeitgeber versuchen, den ausscheidenden Mitarbeiter unter Anrechnung der Urlaubsansprüche freizustellen. Mit einer Freistellung nach einer Kündigung, die er auf den Urlaub anrechnet, spart er sich eine etwaige Urlaubsabgeltung. Aufpassen sollte man aber, wenn man dem Mitarbeiter fristlos und hilfsweise auch noch fristgemäß kündigt.

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Vorsicht bei Freistellung auf Zeit

Hintergrund: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Rechtsprechung in der Frage der Urlaubsgewährung während der Freistellung geändert. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob die im Rahmen einer hilfsweisen Freistellung gewährte Freizeit auf die ausstehenden Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers angerechnet werden kann. Der klagende Arbeitnehmer war gekündigt worden. Die Kündigung erfolgte fristlos, hilfsweise fristgemäß. Gleichzeitig wurde er mit sofortiger Wirkung freigestellt. Die Freistellungserklärung enthielt den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass – für den Fall, dass nur die fristgemäße Kündigung zulässig sei – mit der Freistellung sämtliche Urlaubs- und Überstundenansprüche abgegolten seien.

Keine Erholung bei ungewisser Rechtslage

Hiermit wollte sich der Arbeitnehmer aber nicht zufrieden geben. Aus seiner Sicht, sei eine Erholung während der Freistellung für ihn nicht möglich gewesen. Ein konkreter Urlaubszeitraum sei im Rahmen der Freistellung im Übrigen auch nicht festgelegt worden. Vor Gericht einigten sich die Parteien dann aber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bis zum Beendigungstermin sollte die Vergütung für die Zeit der Freistellung weitergezahlt werden. Der Arbeitnehmer verlangte nun zusätzlich Urlaubsabgeltung für den ausstehenden Urlaub.

Bundesarbeitsgericht: Vergleich lässt Anspruch auf Urlaubsabgeltung erlöschen

Nachdem die erste Instanz den Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit Hinweis auf die Freistellungsklausel noch abgelehnt hatte, gab das Landesarbeitsgericht der Forderung statt. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts lehnten in der Revision zwar den Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung ab (Az. 9 AZR 455/13). Allerdings nur deshalb, weil der klagende Arbeitnehmer im Rahmen des Vergleichs auf alle weiteren Ansprüche verzichtet hatte. Das BAG stellte aber trotzdem grundsätzlich klar, dass die vom beklagten Arbeitgeber verwendete Freistellungsklausel in dieser Form nicht wirksam gewesen ist.

Freistellungsklausel sauber formulieren

Sie nahmen in der Begründung Bezug auf Paragraph 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG), worin festgelegt ist, dass Erholungsurlaub nicht nur durch die einfache Freistellung, sondern gerade auch durch die Zahlung der Vergütung definiert wird. Genau daran fehlte es in dem Fall. Denn der Arbeitgeber hatte die Vergütung des Urlaubs nicht vorbehaltlos zugesagt und den Urlaub auch nicht vor Antritt des Urlaubs bzw. der Freistellung vergütet.

Entscheidung markiert Richtungswechsel

Die Freistellung unter Anrechnung des Urlaubs wird von Arbeitgebern vielfach im Fall einer Kündigung eingesetzt, um die zusätzliche Zahlung einer Urlaubsabgeltung zu vermeiden. Das Urteil des BAG ist bemerkenswert. Denn das Gericht hat in der Vergangenheit eine Trennung von Freistellungs- und Vergütungsanspruch für möglich erachtet.  Nach alter Rechtsprechung wäre der Urlaubsanspruch also erfüllt, wenn aus der fristlosen eine fristgemäße Kündigung wird. Der Arbeitgeber musste für die Zeit zwischen Kündigung und Ablauf der Kündigugsfrist lediglich die normale Vergütung nachzahlen. Damit hatten früher die Arbeitnehmer keinen gesonderten Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Das Bundesarbeitsgericht vertritt heute die „Einheitstheorie“. Wird die Frage der Vergütung erst nach Abschluss des Rechtsstreits geklärt, kann der Arbeitnehmer trotz Freistellung die Urlaubsabgeltung verlangen.

Keine hilfsweise Freistellung nach einer Kündigung

Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber in der Kündigung die Freistellung nur „hilfsweise“ erklärt und als Urlaub angerechnet. Denn es liegt keine Urlaubsgewährung vor. Der Arbeitgeber sagt ja in dem Fall  die Vergütung nicht vor Urlaubsantritt fest zu.

Die beschriebene Problematik ist letztlich nur für Fälle relevant, in denen eine fristgemäße Kündigung nur hilfsweise ausgesprochen wird. Falls der Arbeitgeber aber „nur“ eine ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber ausgesprochen hat, kann er weiterhin grundsätzlich unter Gewährung des Urlaubs freistellen. Allerdings muss er auch in dem Fall berücksichtigen, dass dem Arbeitnehmer  den Resturlaub in zumutbarem Umfang planen muss.