Flexibles Arbeiten gehört in vielen Branchen zum Alltag. Bei der Arbeit auf Abruf arbeitet der Arbeitnehmer nach Bedarf – mal mehr mal weniger. Um hier eine Benachteiligung des Arbeitnehmers zu vermeiden, gibt es im deutschen Arbeitsrecht eine Reihe von Schutzvorschriften. Lesen Sie hier, welche Vorgaben der Gesetzgeber macht und was laut einer wegweisenden Entscheidung des Bundesarbeitsgericht gilt, wenn die gesetzlichen Regelungen nicht beachtet wurden.

Gesetzliche Vorgaben für Arbeit auf Abruf

Die gesetzlichen Vorgaben zur Beschäftigung von Abrufarbeitnehmern sind in §12 Teilzeit- und Befristungsgesetz definiert. Die wichtigsten Eckpunkte sind:

  • Die vertragliche Vereinbarung für Arbeit auf Abruf sollte klare Angaben zur wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit enthalten. Ein Beispiel einer solchen Vereinbarung könnte sein, dass wöchentlich 16 Stunden gearbeitet werden sollen, verteilt auf mindestens vier Stunden pro Tag.
  • Falls die wöchentliche Arbeitszeit nicht gemäß dieser gesetzlichen Vorschrift vertraglich festgelegt ist, wird eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden angenommen.
  • Sollte die tägliche Arbeitszeit nicht gemäß dem Gesetz oder bei Verstoß gegen die Regelung vertraglich festgelegt sein, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer täglich für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden abzurufen.

Zusätzlich dazu ist der Arbeitnehmer nur dann zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm mindestens vier Tage im Voraus die Arbeitszeiten mitteilt. Dies bedeutet, dass eine gesetzliche Ankündigungsfrist von vier Tagen gilt.

Aktuelle Entscheidung des BAG zur Mindestarbeitszeit von Abrufkräften

In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall arbeitet die Klägerin seit 2009 als “Abrufkraft Helferin Einlage” für das beklagte Unternehmen in der Druckindustrie. Der von ihr mit einem Vorläuferunternehmen des Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag enthält keine Festlegung zur wöchentlichen Arbeitszeit. Die Klägerin wurde wie andere Abrufkräfte nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichen Umfang eingesetzt. Als der Umfang der Abrufe ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den vorherigen Jahren abnahm, argumentierte die Klägerin, dass die Beklagte in den Jahren 2017 bis 2019 ihre Arbeitsleistung im Durchschnitt monatlich 103,2 Stunden abgerufen habe. Sie vertrat die Auffassung, dass dies die Arbeitszeit sei, für die die Beklagte nunmehr vergüten sollte. Wenn der Abruf in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreichte, forderte sie Vergütung aufgrund von Annahmeverzug.

Mindestvergütung ohne Vereinbarung der Arbeitszeit für 20 Stunden

Das Arbeitsgericht entschied auf der Grundlage des gesetzlichen § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG, dass die wöchentliche Arbeitszeit bei der Arbeit auf Abruf 20 Stunden betrug. Daher wurde der Klage auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung nur in den Wochen teilweise stattgegeben, in denen die Arbeitsleistung der Klägerin 20 Stunden unterschritt. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Klägerin zurück. Die Revision der Klägerin, in der sie an ihren weitergehenden Anträgen festhielt, blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos (BAG, 18.10.2023, Az. 5 AZR 22/23). Denn um – ohne Arbeitsleistung – eine Vergütung für mehr als 20 Stunden einzuklagen, hätte Arbeitnehmerin besondere Umstände darlegen müssen, die darauf schließen lassen, dass die Parteien bei Vertragsschluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen hätten. Es genügt nicht, sich auf den durchschnittlichen Abruf in der Vergangenheit zu berufen, denn dem Abrufverhalten liegt kein rechtlich bindender Erklärungswert zugrunde.

Prüfen Sie jetzt Ihre Arbeitsverträge. Denn das Urteil bedeutet, dass wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer keinen festen Arbeitszeitrahmen in einem Abrufvertrag vereinbaren, die gesetzliche Annahme einer 20-stündigen Arbeitswoche gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG pauschal gilt.