Der Kauf einer Wohnimmobilie ist für viele Menschen nicht nur eine Geldanlage. Viele planen, irgendwann einmal selbst in die Eigentumswohnung oder das Einfamilienhaus einzuziehen. Eine Eigenbedarfskündigung ist jedoch nicht immer möglich. Und ein neues Urteil des Landgerichts Berlin bedeutet, dass es wohl für Vermieter noch schwieriger wird, den Eigenbedarf durchzusetzen.

Nutzen Sie eine Vorlage für eine Eigenbedarfskündigung, um die Kündigung korrekt zu formulieren.

Wie kann man Eigenbedarf begründen?

Das Wort Eigenbedarf legt zunächst nahe, dass nur der Vermieter selbst die Wohnung für sich beanspruchen darf. Der Gesetzgeber weitet den Personenkreis jedoch aus. § 573 BGB nennt ausdrücklich noch

  • die Familienangehörigen oder
  • Angehörige des Haushalts des Vermieters. 

Als Familienangehörige sieht die Rechtsprechung bisher nur enge Verwandte an. Nichten, Tanten oder Cousinen zählen in der Regel nicht mehr zu dem Kreis. Allerdings gibt der Gesetzeswortlaut keine eindeutige Auslegung des Begriffs vor.

Weitere Haushaltsangehörige können Lebensgefährten sein, aber auch Pflegekräfte. Bewohnt beispielsweise eine pflegebedürftige Person bereits eine Eigentumswohnung im selben Haus, so kann der Eigenbedarf für den Pfleger damit begründet werden, dass dieser in der Nähe sein muss, um den Vermieter zu betreuen.

Übrigens: Falls mehrere Privatpersonen zum Kreis der Vermieter gehören, dann kann jeder für sich Eigenbedarf anmelden. Hat also zum Beispiel eine Erbengemeinschaft, die aus drei Geschwistern besteht, eine Wohnung geerbt, könnte theoretisch jeder der drei Eigenbedarf geltend machen (soweit die weiteren rechtlichen Voraussetzungen vorliegen). Sie müssen sich natürlich intern einigen.

Welche Kündigungsfristen gelten beim Eigenbedarf?

Die Kündigungsfristen für eine Eigenbedarfskündigung weichen nicht von den üblichen Kündigungsfristen für eine ordentliche Kündigung ab. Die Fristen sind in § 573c BGB festgelegt und richten sich nach der Dauer des Mietverhältnisses.

So gelten in der Regel für den Vermieter

  • zunächst drei Monate,
  • nach fünf Jahren sechs Monate und
  • nach acht Jahren neun Monate.

Außerdem ist zu beachten, dass es im Einzelfall eine Kündigungssperre von bis zu 10 Jahren geben darf, wenn die Wohnung nach der Umwandlung in eine Eigentumswohnung gekauft wurde. Auch im Mietvertrag kann die Kündigung wegen Eigenbedarf für eine begrenzte Zeit ausgeschlossen werden.
Da die Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB nur dann besteht, wenn in einem Mehrfamilienhaus Wohnungseigentum begründet und die Wohnung danach an einen Dritten veräußert wurde, entfällt eine Sperrfrist in der Regel beim Kauf eines Einfamilienhauses. Das bedeutet, dass eine Eigenbedarfskündigung Einfamilienhaus in der Regel unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen direkt nach dem Kauf möglich ist.

Kündigung Eigenbedarf – das sind häufige Formfehler

Formfehler führen dazu, dass die Eigenbedarfskündigung unwirksam ist. Sowohl als Mieter als auch Vermieter müssen Sie also die formellen Vorgaben kennen:

  • Das Kündigungsschreiben wegen Eigenbedarf immer schriftlich, also auf Papier erstellt werden und dem Mieter übergeben bzw. per Post oder Boten zugestellt werden.Eine E-Mail, WhatsApp oder auch ein Fax sind nicht zulässig.
  • In der Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter bereits ganz konkret aufführen, für welche Person der Eigenbedarf geltend gemacht wird, also z. B. für sich selbst, seinen Sohn oder seinen Lebensgefährten etc.)
  • Die Begründung des Vermieters dafür, dass er ausgerechnet die Wohnung des Mieters für sich bzw. seine Angehörigen benötigt, muss nachvollziehbar aufgeschrieben werden. Besonders relevant ist dieser Punkt, wenn der Vermieter mehr als eine Wohnung sein Eigentum nennt. Die Auswahl der Mieterwohnung muss begründet werden.
  • Es gelten teilweise sehr lange Kündigungsfristen. Der Vermieter muss in der Kündigung eine Angabe dazu machen, warum die Eigenbedarfskündigung zu diesem Zeitpunkt erfolgen soll. So könnte er beispielsweise aufführen, dass seine Tochter zu diesem Zeitpunkt ein Studium in der jeweiligen Stadt aufnehmen wird oder sich Familienzuwachs angekündigt hat.
  • Die Kündigungsfrist muss eingehalten werden. Entscheidend ist der rechtzeitige Zugang der Kündigung beim Mieter.
  • Soll für eine Eigentumswohnung Eigenbedarf angemeldet werden, muss die Sperrzeit (falls einschlägig) abgelaufen sein.

Wann ein Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung möglich?

Mieter haben die Möglichkeit, bis zwei Monate vor dem Auszugstermin bzw. zum Ende der Kündigungsfrist Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung einzulegen.

Der Widerspruch muss begründet werden und ist aus unterschiedlichen Gründen möglich. Die wichtigsten Gründe, auf die sich der Mieter erfolgreich im Rahmen seines Widerspruchs berufen kann, sind diese: 

  • Formfehler: Hat der Mieter beispielsweise die Kündigung nur per Mail erhalten, dann ist dies ein Widerspruchsgrund. Mehr dazu im nächsten Absatz.
  • Begründung des Eigenbedarfs: Der Mieter kann beispielsweise einwenden, dass die Wohnung für die Zwecke des Vermieters gar nicht geeignet ist. Auch ein vorgetäuschter Eigenbedarf führt zur Unwirksamkeit der Kündigung und kann sogar Schadensersatzansprüche begründen.
  • Wohnung soll ausschließlich zu Gewerbezwecken genutzt werden: Auch dann ist die Eigenbedarfskündigung ausgeschlossen. Es ist allerdings möglich, einen Teil der Wohnung gewerblich zu nutzen. Hier muss man immer den Einzelfall prüfen.
  • Begründung ist nicht nachvollziehbar formuliert: Hat der Vermieter seine Begründung nur oberflächlich formuliert oder ist diese für den Mieter nicht nachvollziehbar, kann auch darin ein Widerspruchsgrund liegen.

Widerspruch unter Berufung auf Sozialklausel und Härtefall

Der Gesetzgeber nennt aber auch persönliche Gründe, auf die sich der Mieter berufen kann, wenn er nicht aus der Wohnung ausziehen will. Diese kann er selbst dann geltend machen, wenn die Eigenbedarfskündigung formell korrekt ist und nachvollziehbar begründet wurde. In dem Fall dürfen Mieter trotz wirksamer Eigenbedarfskündigung in der Wohnung bleiben. Der Mieter kann sich auf die sogenannte Sozialklausel  (§§ 574 Abs. 1 und 2 BGB) berufen, wenn die Kündigung für ihn eine unzumutbare Härte darstellt. Diese kann beispielsweise vorliegen, wenn der Mieter sehr alt ist oder unter einer schweren Krankheit handelt. Wenn sich der Mieter auf die Sozialklausel beruft, muss man den Fall insgesamt prüfen und die eine Interessenabwägung vornehmen.

Solche Gründe müssen nicht dazu führen, dass die Kündigung komplett zurückgewiesen kann. Bei vorübergehenden Härtegründen verschiebt sich einfach der Kündigungstermin nach hinten.

Neue Rechtsprechung: Fehlender Ersatzwohnraum für Mieter führt zur Fortsetzung des Mietverhältnisses

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Berlin, macht es Vermietern zukünftig noch schwerer, den Eigenbedarf durchzusetzen, wenn sie in einer Gegend mit knappem Wohnraum leben. Das Landgericht hatte zwar die Eigenbedarfskündigung an sich als wirksam gewertet. Dennoch ordnete es die Fortsetzung des Mietverhältnisses für zwei Jahren an. Die Richter beriefen sich dabei auf die sogenannte Sozialklausel bzw. Härtefallklausel. Die Mieter hatten im Verfahren schlüssig dargelegt, dass es ihnen nicht möglich war, innerhalb der Kündigungsfrist angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu finden. In dem Fall kommt hinzu, dass das gesamten Berliner Stadtgebiet als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen ist, was der Gericht ebenfalls zur Begründung heranzog. Von Amts wegen verlängerten die Richter den Mietvertrag und hoben gleichzeitig die Miete auf das ortsübliche Niveau an (Az. 67 S 264/22).