Gewährleistung beim Kaufvertrag

Das Gewährleistungsrecht kommt im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag immer dann ins Spiel, wenn die gekaufte Ware mangelhaft ist oder die falsche Sache geliefert wurde. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die neue Uhr nicht funktioniert, der Picasso kein Original ist oder der Porsche die 250 km/h nicht schafft. In all diesen Fällen greift das Gewährleistungsrecht der §§ 434 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches ein. Es räumt dem enttäuschten Käufer verschiedene Ansprüche und Gestaltungsrechte ein und schreibt die jeweilig durchzuführenden Verfahren vor. Setzen Sie sich mit dem Gewährleistungsrecht einmal näher auseinander. Denn wer seine Ansprüche gar nicht kennt, der verzichtet häufig ungewollt auf seine Rechte.

Gut zu wissen

+ Liegt ein Mangel vor, greift das Gewährleistungsrecht
+ Die Nacherfüllung geht dem Rücktritt grundsätzlich vor
+ Der Mangel muss bei Gefahrübergang vorliegen
+ Für Verbraucher gelten Sonderregelungen
+ Rücktritt und Schadensersatz schließen sich nicht aus

Was ist ein Mangel?

Alle Gewährleistungsrechte setzen das Vorliegen eines Mangels voraus. Was aber ist ein Mangel? Es ist zwischen Sach- und Rechtsmängeln zu unterscheiden. Ein Sachmangel liegt in jeder negativen Abweichung der Ist-Beschaffenheit, also des tatsächlichen Zustandes, von der Soll-Beschaffenheit. Ein Beispiel dafür wäre Folgendes: Ein Fahrzeug wird als unfallfrei angepriesen, tatsächlich handelt es sich aber um einen Unfallwagen. Ein Rechtsmangel liegt hingegen dann vor, wenn Dritte ein Recht auf die Kaufsache geltend machen können. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich nach dem Autokauf herausstellt, dass das Auto bereits einem anderen verkauft wurde, oder wenn Sie beim Grundstückskauf nicht über darauf lastende Hypotheken informiert wurden. Weitere Beispiele für solche Rechte sind Vorkaufsrechte, Nacherbenvermerke, Patente und Rechte aus Miet- und Pachtverhältnissen.

Die Soll-Beschaffenheit

Ausgangspunkt für die Feststellung eines Sachmangels ist vor allem das, was bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbart worden ist. Haben Sie zum Beispiel einen Kaufvertrag über ein Pferd abgeschlossen und von Anfang an klar gemacht, dass Sie damit Turniere reiten wollen, ist es ein Sachmangel, wenn das Pferd dazu nicht geeignet ist. Wenn im Vertrag keine Beschaffenheit oder kein Verwendungszweck vereinbart wurde, gilt die gewöhnliche Beschaffenheit oder Verwendung als Maßstab. Hier sind auch die öffentlichen Äußerungen und Werbemaßnahmen des Verkäufers oder des Herstellers zu berücksichtigen.

Der Zeitpunkt

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Sachmangels ist der Zeitpunkt des Gefahrüberganges. Dies meint in der Regel die Übergabe der Kaufsache vom Verkäufer an den Käufer. Bei einem Verbrauchsgüterkauf, also einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, hilft das Gesetz dem Verbraucher mit der Beweislastumkehr des § 476 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zeigt sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe und ist unklar, ob dieser Mangel bereits vorlag, so wird dies vermutet. Der Unternehmer muss also vor Gericht beweisen, dass der Mangel zur Zeit der Übergabe noch nicht vorlag.

Das Recht zur Nacherfüllung

Ausgangspunkt aller Gewährleistungsrechte ist Ihr Anspruch auf Nacherfüllung. Dieser stellt nicht nur eine Pflicht sondern zugleich auch ein Recht des Verkäufers dar. Bei der Art der Nacherfüllung haben Sie als Käufer die Wahl! Entweder Sie verlangen Nachbesserung, das heißt Beseitigung des Mangels durch und auf Kosten des Verkäufers. Oder Sie entscheiden sich für die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache.

Hier ein Beispiel zum leichteren Verständnis: Sie haben ein Kaufvertrag über ein Motorrad geschlossen und mit dem Verkäufer vereinbart, dass es bis zu 200 km/h fahren soll. Tatsächlich ist der Motor jedoch auf 55 km/h gedrosselt, was nun? Hier können Sie zwischen einer Aufrüstung des Motors bis zu 200 km/h und der Lieferung eines neuen Motorrades wählen. Unter Umständen kann der Verkäufer die von Ihnen gewählte Art der Nacherfüllung aber verweigern – zum Beispiel, wenn die Aufrüstung im Verhältnis zur Neulieferung oder im Verhältnis zum mangelbedingten Minderwert unverhältnismäßig kostenintensiv ist.

Heike Richter